So war es bisher: Ist eine Maschine verkauft und der Hersteller hört nichts mehr vom Käufer, dann ist er glücklich – die Maschine läuft. Wie gut oder schlecht, erfährt er in den seltensten Fällen. Hier und da ist ein Ersatzteil einzubauen oder es steht eine Wartung nach festgelegten Intervallen an. Mehr Kontakt zum Kunden – und damit auch weiteres Umsatzpotenzial – gibt es nicht. Doch genau das ändert sich gerade.
Mit der Digitalisierung, dem Industriellen Internet der Dinge (IIoT) und letztendlich mit Cloud-Applikationen lassen sich heute Maschinen im Feld beobachten und deren Verhalten auswerten. Daraus ergeben sich für Maschinenbauer ganz neue Möglichkeiten – und somit beschäftigen sie sich mit der zentralen Frage: „Was wäre, wenn ich nach dem Verkauf einer Maschine Produktionsraten, Energieverbrauch oder gar Maschinenkennzahlen analysieren könnte, wäre es mit diesem Wissen möglich, neue Services oder gar Geschäftsmodelle aufzubauen?“ IoT-Experten sind sich indes einig und beantworten diese Frage mit einem klaren „Ja“. Denn, mit Hilfe von unterschiedlichen Daten über den Maschinenzustand soll genau das möglich sein.
Maschinenverhalten analysieren
Damit sie künftig besser auf Bedürfnisse und Anforderungen ihrer Kunden eingehen können, sollten Maschinenbauer eine Verbindung zu ihren Maschinen im Feld haben: „Nur so können sie deren Verhalten analysieren und erfahren, wie gut oder schlecht eine Maschine läuft“, sagt René Blaschke, Experte für Industrial IoT bei B&R. Trotz schlagkräftiger Argumente begegnen Maschinenbauer einer Cloud-Lösung noch immer mit Skepsis: „Was bietet eine Cloud-Lösung, was ich nicht schon durch einen Fernzugang bekomme?“, sei oft zu hören. Die Antwort fällt Blaschke leicht: „Ein Fernzugang spiegelt lediglich die Anzeige des Maschinendisplays wider. Eine Cloud-Lösung kann weitaus mehr mit weit größerer Bedeutung – nämlich Daten über den Zustand der Maschine liefern.“ Die sich daraus ergebenden zahlreichen Möglichkeiten für Maschinenbauer macht B&R mit seiner ersten Cloud-Applikation, dem Asset Performance Monitor, zugänglich.
Es bedarf nur weniger Worte, um auszudrücken, was der Asset Performance Monitor leistet: Die Cloud-Anwendung erfasst rund um die Uhr Maschinendaten, bereitet sie auf und stellt sie übersichtlich in Dashboards dar. Maschinenbauer haben so ihre Maschinen überall im Blick. „Sie erhalten mit der Cloud-Applikation eine globale Sicht auf ihre gesamte Maschinenflotte“, sagt Blaschke. Anhand von Auswertungen erfahren sie erstmals detailliert, wie sich ihre Maschinen im Einsatz bewähren. „Sind dem Maschinenbauer Produktionsraten, Energieverbrauch und Maschinenkennzahlen bekannt, kann er diese unabhängig vom Kunden nach Maschinentypen selektieren, vergleichen, Schwachstellen erkennen und die Maschine gezielt verbessern“, sagt Blaschke. Das Wissen aus den Datenanalysen lasse sich zudem für die Entwicklung von effizienteren Maschinen nutzen.
Neue Geschäftsmodelle
Maschinenoptimierungen sind jedoch nur eine Möglichkeit, die gewonnen Daten zu nutzen. Der Asset Performance Monitor bietet dem Maschinenbauer auch die Chance, neue Geschäftsmodelle umzusetzen. Blaschke zufolge sind dies zum Beispiel Service-Level-Vereinbarungen und ein maßgeschneiderter Wartungsservice. „Mit den Daten seiner gesamten Flotte kann der Maschinenbauer auf die Bedürfnisse seiner Kunden ganz individuell eingehen und so zum Beispiel die Serviceintervalle je nach Auslastung einer Maschine anpassen“, sagt Blaschke.
Darüber hinaus kann der Maschinenbauer seinem Kunden gegen eine Gebühr neue Maschinenversionen oder -funktionen als Upgrade-as-a-Service anbieten. Abrunden lässt sich das Serviceangebot zum Beispiel mit einem neuen oder verbesserten Energie- oder Condition-Monitoring, mit der Aufbereitung von Energiedaten und der Anzeige von Alarmen. Diese Funktionen muss der Maschinenbauer nicht selbst entwickeln und ständig verbessern, das macht B&R im Rahmen seiner mapp Technology für ihn. Die vorgefertigten mapp-Softwarebausteine müssen lediglich implementiert und konfiguriert werden.
Ein starkes Team im Hintergrund
Die Cloud-Lösung basiert auf der Plattform ABB Ability, dem einheitlichen, branchenübergreifenden Angebot an digitalen Lösungen der B&R-Konzernmutter ABB. Als Infrastruktur für die ABB-Ability-Plattform fungiert Microsoft Azure. Sie sorgt dafür, dass alle ABB-Ability-Services rund um den Globus zuverlässig verfügbar sind. Der Maschinenbauer profitiert von diesen starken Partnern im Hintergrund insofern, als dass er sich um nichts kümmern braucht, wie Blaschke sagt: „Das System ist voll skalierbar, so kann es dem Maschinenbauer egal sein, ob er fünf, tausend oder noch mehr Maschinen im Feld hat.“
Lokale Datenregulierungen wie die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) in Europa lassen sich in die Lösung von B&R integrieren, weil die Plattform des B&R-Mutterkonzerns diese gesetzlichen Vorgaben berücksichtigt. „Für die Datensicherheit kommen nur die modernsten Verschlüsselungsalgorithmen, Protokolle und Technologien zum Einsatz“, versichert Blaschke. Verantwortlich zeichnen sich dafür die IoT-Ingenieure der ABB-Ability-Plattform, die so immer State-of-the-Art ist. „Um dies in gleichem Maße umzusetzen, müsste der Maschinenbauer erhebliche Investitionen tätigen. Mit dem Asset Performance Monitor bekommt er eine fertige Lösung, die die Sicherheit und Integrität seiner Daten garantiert“, ist sich Blaschke sicher.
Offene Architektur
Damit die Cloud-Applikation Maschinendaten sammeln kann, wird die betreffende Maschine oder Produktionslinie an ein Edge-Gateway, zum Beispiel an einen Automation PC, angeschlossen. Der PC erhält die Daten mittels OPC UA von der Maschinensteuerung und gibt sie mit dem MQTT-Protokoll an die Cloud weiter. Das Edge-Gateway stellt automatisch eine Verbindung mit der ABB-Ability-Cloud her und installiert die nötige Software.
„Mit dem Asset Performance Monitor haben wir eine Out-of-the-Box-Lösung gebaut“, hebt der B&R-IoT-Experte hervor. Übersetzt heißt das, der Maschinenbauer erhält einen Zugang zur Cloud-Applikation und braucht sich nur mit Benutzername und Passwort einzuloggen. Schon stehen ihm sämtliche Möglichkeiten des Asset Performance Monitors zur Verfügung.
Vorteile für beide Seiten
Werden Cloud-Lösungen mit den entsprechenden Daten gefüttert, profitieren Maschinenbauer und Maschinenbetreiber gleichermaßen davon. „Der Maschinenbauer erhält über die Cloud-Lösung endlich die Möglichkeit, nach dem Verkauf der Maschine proaktiv an den Endkunden heranzutreten“, sagt Blaschke. Der Asset Performance Monitor ist zudem mandantenfähig. Somit lässt sich einschränken, welcher User welche Daten sehen darf. Der Maschinenbauer kann das System an seine Kunden weiterverkaufen und so erfahren auch sie mehr über die Maschinen, die sie nutzen: Der Dialog nach dem Verkauf kann starten.
Autor: Carmen Klingler-Deiseroth, freie Fachjournalistin