Ehre, wem Ehre gebührt

Wichtige Auszeichnungen gewinnt man nicht alle Tage. Deshalb war die Freude über den Swiss Industry 4.0 Award beim langjährigen B&R-Kunden Müller Martini groß. Der weltweit tätige Schweizer Maschinenbauer wurde mit diesem Innovationspreis für seine Finishing-4.0-Buchproduktionslinie für Losgröße 1 ausgezeichnet. Das System wird Anforderungen der zunehmenden Individualisierung und Personalisierung von Printprodukten sowie der Produktion von Kleinstauflagen gerecht. Viele Funktionen aus dieser hochautomatisierten Anlage haben ihren Ursprung in der durchgängigen Automation – und die stammt seit über 25 Jahren konsequent aus dem Hause B&R.

Die Print-Branche gehört seit geraumer Zeit nicht mehr zu den Wachstumsmärkten. Seit dem Jahr 2008 ist dieser Industriezweig einem großen Strukturwandel unterworfen. Um weiter zu bestehen, braucht es Innovationen, um den veränderten Anforderungen der Kunden und dem Leseverhalten der Konsumenten gerecht zu werden. Das Schweizer Unternehmen Müller Martini hat diesen Wandel vollzogen und gilt sowohl im Offset- als auch im Digitaldruck als Markt- und Technologie-Leader – nicht zuletzt aufgrund der über 25-jährigen erfolgreichen Zusammenarbeit mit B&R im Bereich der Automatisierung.

Mit Finishing 4.0 kombiniert Müller Martini diverse Innovationen, die das Unternehmen in den vergangenen zehn bis fünfzehn Jahren – unter anderem in Zusammenarbeit mit B&R – entwickelt hat. „Das Entscheidende bei Finishing 4.0 ist, dass sämtliche Informationen genutzt und dadurch die Prozesse durchgängig werden“, sagt Christoph Gysin, Head of Corporate Development & Standards bei Müller Martini. „Innovationen, die durch B&R als Steuerungslieferant möglich wurden, sind zum Beispiel das Sammeln von Maschineninformationen, deren Übertragung und die erweiterte Ferndiagnosemöglichkeit. Generell bilden der hohe Automatisierungsgrad mit schnellen Bewegungsachsen, leistungsfähigen Industrie-PCs, einem effizienten Bus-System und qualitativ hochwertigen Visualisierungsgeräten das Rückgrat von Finishing 4.0.“

Connex liest zuerst die Buchinformationen aus einem PDF aus. Danach werden die enthaltenen Format- und Jobdaten für die Digitaldruckmaschine aufbereitet. Das individuelle Buch wird auf eine Bahn gedruckt und zu einem Buchblock verarbeitet. Der Klebe¬binder Vareo verklebt den Buchblock zusammen mit dem Umschlag, danach wird das Produkt im Dreischneider InfiniTrim auf das Endformat geschnitten. Format, Dicke und Inhalt jedes Buches können sich von Produkt zu Produkt ändern, ohne dass auch nur ein einziger manueller Eingriff nötig wird. Da das Workflow-System Connex alle anstehenden Jobs kennt, kann es selbstständig Optimierungen vornehmen. „Dies ist Industrie 4.0 in Reinkultur. Wir haben nicht nur davon gesprochen, sondern es konsequent in die Realität umgesetzt, das hat nicht nur die Jury des Swiss Industry 4.0 Award überzeugt, sondern in erster Linie unsere Kunden,“ sagt Gysin.

B&R bildet das Automatisierungs-Fundament der modernen Produktionsanlagen, seien es Antriebsachsen, Steuerungen, APCs, Visualisierungsgeräte oder Diagnose-Software. „In Zusammenarbeit mit B&R wurde vor rund zwanzig Jahren ein durchgängiges Hard- und Software-Konzept erarbeitet – die sogenannte Müller-Martini-Automation-Plattform“, erläutert Gysin. „Diese Plattform-Standardisierung war und ist ein wichtiger Erfolgsfaktor für die erfolgreiche Umsetzung von Innovationsprojekten. In enger Zusammenarbeit entstanden Software-Richtlinien und Definitionen für die unterschiedlichsten Funktionen wie Alarm-Management, I/O-Management oder Schnittstellendefinitionen. Zudem ermöglicht die B&R-Software Automation Studio ein effizientes programmieren und simulieren. Dafür entwickelten wir Libraries, die eine große Flexibilität und Vereinheitlichung der Programme garantierten. Zusammen mit den Produkten von B&R hat sich auch die Plattform weiterentwickelt. In Zukunft werden einige bestehende Funktionen direkt durch mapp Technology abgelöst.

Oberstes Ziel von Müller Martini bleibt, dass Druckereien, Zeitungshäuser und Buchbindereien mit den Ansätzen von Finishing 4.0 ihre Herstellungskosten – trotz Individualisierung ihrer Produkte – niedrig halten können, um auch weiterhin wettbewerbsfähig zu bleiben. „Der Kostendruck in der papierverarbeitenden Industrie ist nach wie vor sehr hoch“, betont Gysin. „Wir ermöglichen unseren Kunden, den Inhalt von Druckprodukten zu individualisieren und dessen ungeachtet das nahtlose Tracking sowie die Qualitätskontrollen der Produkte aufrechtzuerhalten. Gemäß Definition von Industrie 4.0 – und damit meinen wir auch Finishing 4.0 – wird durch eine intelligente Abstimmung aller Prozesse und Systeme die Herstellung individualisierter Produkte effizient mit den Mitteln einer industriellen Massen¬produktion ermöglicht. B&R sieht die grafische Industrie als eine der Vorreiter im Bereich von Industrie 4.0 – so wie B&R in der Automatisierungsbranche mit ihrer eigenen Produktion in Eggelsberg Industrie 4.0 umgesetzt hat. Ein weiterer Punkt, den Müller Martini und B&R verbindet.“