Mit der Veröffentlichung von mapp Technology hat B&R auf der SPS IPC Drives 2014 für viel Furore gesorgt. Der Automatisierungsspezialist spricht von einer Reduzierung der Entwicklungszeit von Anwendungssoftware um durchschnittlich 67% und verkündet gar eine Revolution der Automation Software. Wir sprachen mit Christoph Trappl, Manager International Applications bei B&R, und hakten nach, wie mapp im Detail funktioniert.
„Mit mapp Technology wird Glue Code weitestgehend vermieden, bei einem Benchmark des unabhängigen LIAM-Instituts wurden mit mapp 83% des Source Codes eingespart.“ Christoph Trappl, Manager International Applications, B&R
Herr Trappl, eine Verkürzung der Software-Entwicklungszeit um 67% klingt beeindruckend. Wie kommen Sie auf diese Zahl?
Es sind durchschnittlich 67%, das heißt, die Ersparnis kann im Einzelfall sogar noch höher liegen. Bei den 67% handelt es sich um einen objektiv gemessenen Wert. Das unabhängige LIAM-Institut hat einen Benchmark durchgeführt, bei dem dieselben Programmierer eine Fliegende Säge zuerst mit mapp und dann mit Standardfunktionen (IEC 61131 und PLCopen) programmiert haben – inklusive Rezeptsystem, Datenmanagement Achskopplungen über Kurvenscheiben und Visualisierung. Zahlreiche Pilotapplikationen, zum Beispiel aus den Bereichen Verpackung, Metallbearbeitung, Kunststoff und Robotik, haben die Erfahrungen des Benchmarks bestätigt: Mit mapp verkürzt sich die Software-Entwicklungszeit um durchschnittlich 2/3.
An welchen Stellen spart mapp die Zeit ein?
Aus Kundengesprächen wissen wir, dass bei der Entwicklung von Applikationssoftware ein Großteil der Entwicklungszeit und der Ressourcen in Basis-Funktionen investiert wird. Dazu gehören neben Motion-Funktionen unter anderem Rezeptverwaltung, User Management, Maschinendiagnose, und vieles mehr. Wir sprechen dabei von 60 bis 80% des Aufwandes bei der Software-Entwicklung einer Maschine oder Anlage. Genau an dieser Stelle setzen wir mit mapp an. Im Gegensatz zu Produkten anderer Anbieter, beschränkt sich mapp nicht nur auf Motion-Funktionen, daraus erklärt sich die massive Zeitersparnis beim Einsatz dieser neuen Technologie.
Was heißt das konkret, wie funktionieren diese Komponenten?
Der Programmierer zieht die gewünschten mapp-Komponenten per Drag-and-drop in die Applikation, wo er sie anschließend grafisch konfiguriert. Die einzelnen Bausteine machen jedoch nur einen Teil von mapp Technology aus. Ein ganz entscheidender Bestandteil ist der sogenannte mapp-Link. Er sorgt dafür, dass die mapp-Komponenten benötigte Daten – zum Beispiel Alarminformationen – automatisch austauschen. Da Glue Code weitestgehend vermieden wird, schrumpft der Quellcode beträchtlich: Im Benchmark des LIAM-Instituts wurde mit mapp Technology 83% des Source Codes eingespart. Dadurch wird das Programm übersichtlicher und der Wartungsaufwand sinkt.
Können Sie mir ein Beispiel für einen mapp-Baustein nennen?
Gerne. Praktisch jede Maschine braucht ein Rezeptsystem, lassen Sie uns also die entsprechende mapp-Komponente näher betrachten. mapp ist nach dem MVC-Prinzip (model view controller) aufgebaut. Daher sind Datenmodell, Darstellung und Steuerungsteil getrennt. Um ein minimales Rezeptsystem zum Laufen zu bringen, brauchen Sie 2 Elemente, die per Drag-and-Drop in die Applikation gezogen werden: Das Rezeptsystem selbst und das sogenannte RecipeView zur Anzeige der Daten. Die Elemente werden via mapp-Link automatisch verbunden. Ihr Rezeptsystem ist einsatzfähig, ohne dass Sie eine einzige Zeile Code schreiben müssen.
Je nach Maschine können die Anforderungen an ein Rezeptsystem sehr unterschiedlich sein.
Wie flexibel ist die Rezeptkomponente von mapp?
Durch den modularen Aufbau sind der Fantasie keine Grenzen gesetzt. Eine kleine Lösung mit 3 Variablen lässt sich genauso umsetzen, wie eine komplexe Maschine mit 500 Variablen oder mehr. Auch dezentrale Software-Architekturen werden unterstützt. Maschinenoptionen mit zusätzlichen Parametern lassen sich mit einem Mausklick aktivieren oder deaktivieren. Selbstverständlich sorgt mapp-Link auch für den Abgleich mit anderen relevanten mapp-Komponenten, zum Beispiel einem User-Management-System. Gängige Funktionen, wie Filtern und Sortieren, sind selbstverständlich im Rezeptsystem integriert. Rezepte können wahlweise als CSV oder XML gespeichert werden. Eine Verschlüsselungsoption ist in der Entwicklung.
Apropos Entwicklung, wie sieht der weitere Fahrplan für mapp aus?
Zum Start von mapp im Herbst 2014 haben wir 70 mapp-Funktionen herausgebracht, die neben den Basis-Funktionen zum Beispiel auch alle gängigen Achsbewegungen umfassen. Damit ist das Ende der Fahnenstange jedoch noch lange nicht erreicht, wir entwickeln kontinuierlich weitere Komponenten, die unseren Kunden das Engineering erleichtern werden. Dass wir damit auf dem richtigen Weg sind, haben uns die Reaktionen auf und nach der SPS IPC Drives gezeigt: Die Kunden rennen uns die Türen ein.
Welche Auswirkungen wird es haben, dass Ihre Kunden nun deutlich schneller entwickeln können?
In erster Linie können Maschinen natürlich schneller und kostengünstiger auf den Markt gebracht werden. Der Maschinenbauer kann die Zeitersparnis aber auch anders nutzen: Er kann mehr Ressourcen in die Umsetzung seines Prozesswissens stecken. Er kann sich darauf konzentrieren, seine Marktposition auszubauen. Im Fokus steht die Innovation.