Was bisher dem Offset-Druck vorbehalten war, können Druckereien seit kurzem mit dem Inkjet-Drucker ProStream erledigen: Der Canon Drucker erlaubt es, hochwertige Druckerzeugnisse flexibler und wirtschaftlicher herzustellen als bisher mit Offset-Rollendruckern. Die Basis für diese Revolution bilden dynamische Antriebe und eine schnelle Bahnsteuerung von B&R.
Für Hochglanzmagazine, Kunstdrucke oder Werbebroschüren wird oberflächenveredeltes Papier eingesetzt. Die Druckerzeugnisse hinterlassen so beim Betrachter einen optimalen visuellen und haptischen Eindruck. Das dafür verwendete Papier wird meist mit einer Mischung aus Pigmenten und Bindemitteln bestrichen und mit Walzen geglättet.
Dieses gestrichene Papier ermöglicht besonders detailreiche und brillante Drucke. Allerdings bisher nur beim Offset-Druck, weil es für dieses Druckverfahren optimiert wurde. Konventionelle Inkjet-Drucker können gestrichenes Papier dagegen nicht verwenden: Die Farbpigmente in der Tinte finden keinen Halt auf der glatten Oberfläche des Papiers, das Druckbild verwischt leicht. Die Folge: Inkjet-Drucksystem waren dadurch nur für Druckprodukte mit geringerem Qualitätsanspruch geeignet, für die ungestrichene Papiere verwendet werden konnten, während für hochwertige Produktionen nur die Offset-Technologie eine ausreichende Produktivität und Kosteneffizienz bot.
Mit dem neuen Canon ProStream ändern sich nun aber die Regeln. Durch seine neue Polymer-basierte Tintentechnologie und eine optimierte berührungslose Lufttrocknung kann der neueste Canon Drucker als erstes Inkjet-Rollensystem auf fast allen glanz-, seiden- oder mattgestrichenen Papieren produzieren – und zwar mit einer Druckqualität und einer Produktivität, die auf oder über dem Niveau der Offset-Technologie liegt.
Das Inkjet-Druckverfahren bietet gegenüber Offset allerdings einen weiteren entscheidenden Vorteil: Als reines Digitaldruckverfahren kann Inkjet vollkommen variable Druckbilder erzeugen, ohne dafür ein Rüsten der Maschine nötig ist, wie beispielsweise im Offset bei jedem Wechsel des Druckjobs. Mit Inkjet werden damit auch kleinste Auflagen profitabel und schnell umsetzbar und es eröffnen sich neue Geschäftsmodelle, mit denen Druckereien ihre Produktion deutlich flexibler gestalten und sich für die Zukunft aufstellen können. Print-on-Demand oder personalisierte Produkte mit deutlich höherem Werbewert werden Druckprodukten in Zukunft sicherlich eine andere, stärkere Bedeutung in der Kommunikation geben, von der unsere Gesellschaft sicherlich profitieren wird.
Gleiches Niveau bei Druckqualität und -durchsatz
Der japanische Druckmaschinenspezialist Canon mit dem R&D und Produktionsstandort in Poing bei München hat sich der Herausforderung gestellt, ein Digitaldrucksystem auf den Markt zu bringen, eine ähnlich Qualität und Produktivität ermöglicht, wie das Offset-Druckverfahren und 2017 den ProStream auf den Markt gebracht. Dieses von Grund auf neu konstruierte Inkjet-System für den digitalen Rollendruck kann eine breite Palette an Materialen bedrucken – einschließlich gestrichenem Papier. Der Canon ProStream erfüllt die Qualitätsanforderungen des „ProzessStandard Offsetdruck“ bei einer effektiven monatlichen Druckleistung von bis zu 35 Millionen DIN-A4-Seiten. Dabei kann er aber im Gegensatz zum Offset-Verfahren variable Daten drucken, und so auch Kleinauflagen oder personalisierte Produkte so kostengünstig wie industrielle Kampagnen herstellen.
Um dieses Anforderungsprofil zu erfüllen, mussten die Canon-Entwickler tief in die Technikkiste greifen. Neben einer neuartigen Polymer-Tintentechnologie, sowie der dafür optimierten kontaktlosen Lufttrocknung, kommen neueste Druckköpfe und eine hochleistungsfähige Papierbahnsteuerung zum Einsatz.
Erstmals im Canon Portfolio kommt für die Bahnsteuerung eine Hardwareplattform von B&R zum Einsatz. Sie regelt die fünf Servomotoren, die die Walzen antreiben, mit denen das Papier durch die Maschine transportiert und exakt auf der erforderlichen Bahnspannung gehalten wird. Gerade die Bahnspannung ist bei gestrichenem Papier wegen der glatten Oberfläche wesentlich schwieriger zu einzustellen als bei ungestrichenem.
B&R wird Partner für Antriebslösung
„Wir haben vor Projektstart ein umfassendes Anforderungsprofil für das Antriebssystem definiert und den engeren Kandidatenkreis auf Herz und Nieren geprüft“, erklärt Sebastian Karrer, International Product Manager bei Canon Production Printing in Poing. „Danach stand zweifelsfrei fest, dass B&R der richtige Technologiepartner für uns ist.“ Gemeinsam mit den Experten von B&R hat der Druckmaschinenspezialist Servoregler der ACOPOSmulti-Reihe und eine Steuerung aus dem X20-System gewählt. In Kombination dazu kamen Servomotoren von B&R als Antriebslösung für den ProStream zum Einsatz. Damit konnten die Ingenieure eine präzise und reaktive Bahnspannungsregelung mit hoher Gleichlaufgüte realisieren, die die Basis für die hohe Druckqualität des ProStream bildet.
Bei der Implementierung der Bahnspannungsregelung haben die Programmierer auf eine Standard-PI-Regler-Funktion aus der B&R-Bibliothek zurückgegriffen. „Nach intensivem Austausch mit den B&R-Experten über verschiedene Umsetzungsmöglichkeiten haben wir uns für die PLCopen-Variante entschieden. Sie bietet uns die meisten Freiheitsgrade bei der Gestaltung des Reglers“, erinnert sich Johann Bartosch, verantwortlicher Entwickler für die Steuerungssoftware bei Canon Production Printing.
Anwender behält volle Kontrolle
„Die Offenheit der B&R-Technologie passt sehr gut zu unserer Philosophie und spricht für B&R“, fügt Karrer an. „Das Unternehmen zeigte uns verschiedene Wege zum Ziel auf und unterstützte uns beim Aufbau des entsprechenden Know-hows, sodass wir die von uns gewählte Lösung voll unter Kontrolle haben und in Eigenregie weiterentwickeln können.“
So konnte Canon zum Beispiel die Alarme der Antriebsseite problemlos in das Alarmsystem der Druckersteuerung übernehmen. Diese werden von B&R im XML-Format bereitgestellt. Auch der hohe Integrationsgrad der B&R-Systeme half, wertvolle Engineering-Zeit zu sparen und ermöglichte es Canon, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren. „Die Werte der Sicherheitssteuerung und der sicheren I/Os sind automatisch in der vereinheitlichten B&R-Engineering-Umgebung Automation Studio verfügbar“, führt Bartosch als Beispiel an. „Wir haben in der Vergangenheit leider erleben müssen, dass die Softwarewelt bei anderen Anbietern deutlich zerklüfteter ist, was zusätzlichen Aufwand bedeutet.“
Weniger Risiko und Kosten für Maschinenbauer
Mit dem Einsatz der B&R-Sicherheitstechnik sollte es für Canon auch möglich sein, die Anforderungen der „Maschinenrichtlinie“, nach der Rollendruckmaschinen wie der ProStream zuzulassen sind, mit überschaubarem Aufwand einhalten zu können. Das bestätigte sich in der Praxis, wie der Softwareexperte berichtet: „Allein die Tatsache, dass wir B&R-Sicherheitstechnik einsetzen, hat den Prüfer von der Berufsgenossenschaft positiv gestimmt. Er war sich von Anfang an sicher, dass das Konformitätsbewertungsverfahren reibungslos verlaufen würde. Er sollte Recht behalten.“
Canon verwendet die integrierte Sicherheitstechnik von B&R unter anderem, um brennbare Dämpfe, wie sie beispielsweise in der Trocknung entstehen können, auf einem unkritischen Niveau zu halten. Die dafür eingesetzten Lüfter arbeiten mit Asynchronmotoren, die durch ACOPOSmulti-Regler im Frequenzumrichter-Modus angesteuert werden, anstelle durch dedizierte Inverter. Dadurch fällt auch ein weiterer Gerätetyp weg, was wiederum Ersatzteilhaltung und -beschaffung vereinfacht. Somit sind die Gesamtkosten des ProStream niedriger, trotz des etwas höheren Einkaufspreises für Servoregler.
Die Ersatzteilhaltung wird darüber hinaus durch die hohe Liefertreue von B&R vereinfacht. „Seit der Auslieferung der ersten ProStream im November 2017 messen wir – wie bei allen unseren Lieferanten – die Lieferperformance von B&R. Sie liegt bei 100%. Damit hebt sich B&R deutlich von Wettbewerbern ab. Das ist uns besonders wichtig, da wir mit der ProStream etwa 90 % des gesamten Printmarktes adressieren können und mit einer hohen Nachfrage rechnen“, sagt Karrer hochzufrieden.
Autor: Dipl.-Ing. Franz Rossmann, Technikjournalist aus Gauting bei München
Sebastian Karrer International Product Manager bei Canon Production Printing „Die Lieferperformance von B&R liegt bei 100 %. Damit hebt sich das Unternehmen deutlich von Wettbewerbern ab.“ |