Bildverarbeitungsfunktionen in bestehende oder neue Produktionsmaschinen zu integrieren, ist für B&R-Kunden jetzt problemlos möglich. Bisher war dies für Maschinenbauer nicht nur mit großem Aufwand, sondern auch mit erheblichen Kosten verbunden. Spilker, Hersteller von Stanzwerkzeugen und kompletten Anlagen für die Druck-, Etiketten-, Automobil-, Pharma- und Verpackungsindustrie, gehört zu den ersten Maschinenbauern, die ihren Kunden eine passende Lösung auf Basis der integrierten Kameralösung von B&R anbieten können.
„Das Smart Vision System von B&R und die darauf aufbauenden Funktionen sind ein absolutes Highlight unserer Technikums-Anlage“, sagt Mark Possekel, Vertriebsleiter Werkzeug- und Maschinenbau bei Spilker. „Üblicherweise haben Highlights den Beigeschmack, dass sie für viele Adressaten angesichts der damit verbundenen Kosten unerreichbar sind. Bei dieser Lösung ist das anders - sowohl bei der Erstausstattung als auch in der Nachrüstung. Das ist eine tolle Sache für unsere Kunden und damit auch für uns.“
Diese Einschätzung bestätigen Kunden, die die Anlage mit integrierter Bildverarbeitung erstmals auf der Messe für die weiterverarbeitende Druckindustrie ICE im März 2019 in München zu Gesicht bekommen haben. Für Possekel eine erfreuliche, aber wenig überraschende Reaktion, weil an das Unternehmen bereits häufiger entsprechende Wünsche herangetragen wurden.
Steigende Nachfrage nach Bildverarbeitungsfunktionen
Da die Spilker GmbH mit maßgeschneiderten Converting-Maschinen und Stanzeinheiten ihre Nische gefunden hat, lag es für Possekel und Geschäftsführer Henrik Spilker auf der Hand, zusätzlich zu dem in den letzten Jahren intern aufgebauten Automatisierungs-Know-how auch das Thema Bildverarbeitung weiter zu vertiefen und zur Messe erste Anwendungen zu präsentieren.
Das Unternehmen hat im Vorfeld eine Reihe potenzieller Lieferanten untersucht und zwei Produkte für die Technikums-Anlage ausgewählt, darunter auch eine Lösung eines in der Druckbranche wohlbekannten Spezialisten für qualitätssichernde Lösungen in der bahnverarbeitenden Industrie.
„Vorteilhaft an dem von uns selektierten Inspektionssystem dieses Spezialisten ist, dass Standardaufgaben, bereits vorprogrammiert sind. Dazu zählen die Druckkontrolle oder der Abgleich eines während der Produktion erfassten Produktbilds mit dem eines vorher festgelegten Bild eines Gutteils. Darüber hinaus ist die Bedienung für den Maschinenführer sehr einfach“, sagt Dirk Starke, Programmierer und Automatisierungsfachmann bei Spilker. „Nachteilig ist aber, dass dieses Inspektionssystem nur eine Gutteil-/Schlechteilbewertung zur Verfügung stellt und nicht die zugrundeliegenden Messwerte. Letztere sind nur über Umwege und zu deutlich höheren Kosten zugänglich. Zudem gibt es keine Schnittstelle für die direkte Kommunikation mit der Anlagensteuerung.“
Konventionelle Vision-Systeme: Meist zu aufwändig
Da immer mehr Kunden von umfassenderen Dokumentationspflichten und steigenden Qualitätsanforderungen betroffen sind, haben sich die Verantwortlichen von Spilker zusätzlich bei Anbietern klassischer Bildverarbeitungssysteme umgesehen. „Diese Anbieter haben Bildsensoren und Vision-Systeme im Programm, die sich in dem von uns avisierten Beschaffungskostenrahmen bewegen. Auch stellen sie Messwerte bereit, die wir dann als Stellgröße zum Nachregeln von Bearbeitungsstationen verwenden oder unseren Kunden für ihre Dokumentationssysteme übergeben können“, sagt Possekel. „Allerdings lassen sich auch diese Stand-Alone- und PC-basierten Lösungen nicht ohne weiteres in eine Maschinensteuerungswelt einbinden. Zudem setzt deren Beherrschung intensive Schulungen und die Einarbeitung in eine neue Engineering-Umgebung voraus. Das hätte sich schon alleine wegen der knappen verbleibenden Zeit bis zum Messeauftritt zum Problem entwickeln können.“
Ein Glücksfall: Integrierte Bildverarbeitung von B&R
Entsprechend hellhörig wurden die Fachleute bei Spilker, als sie vom B&R-Einstieg in die Bildverarbeitung erfuhren. Schließlich setzt der Maschinenbauer ganz auf die durchgängige Automatisierungslösung von B&R, seitdem er die Automatisierung seiner Maschinen nicht mehr mit Hilfe von Partnern, sondern in Eigenregie durchführt. Entsprechend routiniert ist das Unternehmen im Umgang mit B&R-Produkten und der Engineering-Umgebung Automation Studio, mit der auch die Kamera eingerichtet wird.
„Die Ankündigung von B&R war ein absoluter Glücksfall für uns“, sagt Spilker. „Wir haben uns daher sofort bereit erklärt, als Pilotkunde zu fungieren. Der Markt bietet zwar eine große Auswahl an Vision-Systemen, aber ein Paket wie das von B&R, das leistungsfähig und trotzdem auch für einen Einsteiger in die Bildverarbeitung geeignet und dann auch noch einfach zu integrieren und nicht zu teuer ist, das ist rar.“
Nach einigen Vorgesprächen mit den Mitarbeitern des zuständigen technischen Büros von B&R, in denen Spilker die Produktionsaufgabe für den Messeauftritt und die benötigten Messwerte vorstellte, ging es dann schnell auf die Zielgerade.
„Die Experten von B&R haben auf Basis der von uns vorgelegten Informationen einen Smart Sensor mit integrierter Beleuchtung und einer Auflösung von 1,3 Megapixeln vorgeschlagen“, erläutert Spilker. „Dieser Empfehlung sind wir gefolgt.“
Eingebaute Beleuchtung und Bildverarbeitung
Die Bildverarbeitung findet bei diesem Vision-System vollständig im Sensor statt, sodass sich die Maschinensteuerung nur um die Auswertung des Inspektionsergebnisses kümmern muss. Die Auslösegenauigkeit beträgt 1 ms. Dies ermöglicht den Aufbau sehr enger Regelkreise, mit denen Spilker die Position der Stanzungen kontrolliert und bei Bedarf regelt. So wird eine noch höhere Prozesssicherheit gewährleistet. Die 16 eingebauten Hochleistungs-LEDs arbeiten mit Belichtungszeiten von deutlich unter 100 ms. Diese kurze Belichtungszeit minimiert Störungen durch externe Lichtquellen, verkürzt die Bearbeitungszeit der Bilder und erlaubt die Erfassung schneller Objekte. Der Smart Sensor ist werkseitig mit einer Reihe von Vision-Funktionen, wie zum Beispiel Code Reading, Blob, Match, OCR und Measurement, ausgestattet.
Um Spilker den Einstieg in das Kamerasystem zusätzlich zu erleichtern und die Entwicklungszeit zu minimieren, hat der B&R-Support dem Team um Starke zugearbeitet. Innerhalb weniger Stunden hat dieser anhand von Produktionsmustern Grobeinstellungen vorgenommen und mit Hilfe der integrierten Matching-Funktion des Vision-Systems einige Messfunktionen entsprechend der Aufgabenstellung eingerichtet. Diese Funktionen liefern in der Technikums-Anlage drei Positionsparameter. Wird die Abweichung zu groß, werden die Werkzeuge in den Bearbeitungsstationen entsprechend nachgeführt.
Auf der Technikums-Anlage werden im Rolle-zu-Rolle-Verfahren jeweils gleichzeitig nebeneinander zwei selbstklebende Etiketten mit den Abmessungen 50 x 70 mm rotativ gestanzt, die an zwei Stellen zusätzlich mit Durchstanzungen und einem zusätzlichen Sticker versehen werden. Die Maschinenkomponenten, wie Wickler, Stanzaggregate oder Zugeinheiten, sind an der Rückwand der Maschine montiert. Das offene Maschinenkonzept sorgt für eine gute Erreichbarkeit der einzelnen Komponenten und eine maximale Einsicht in den Verarbeitungsprozess sowie eine einfache Montage des Smart Sensors.
Integraler Bestandteil von Automation Studio
Da der Smart Sensor direkt in die Entwicklungsumgebung der Steuerung und über OPC UA eingebunden ist, müssen keinerlei Schnittstellen programmiert werden. Die Position, Orientierung und weitere Daten sind für jeden Messpunkt direkt und in Echtzeit in der Steuerung verfügbar. Die Antriebe können somit auf jede Abweichung schnell und hochgenau regieren.
„Die Routinen für die Weiterberarbeitung der vom Smart Sensor erzeugten Messwerte in der Steuerung sowie die Programmierung der Regelkreise und die Visualisierung der Vision-Funktionen in der Bedieneroberfläche der Maschine haben wir selbst umgesetzt“, sagt Starke. „Beim Arbeiten mit dem Smart Sensor hat sich unsere Erwartung bestätigt, dass es sich um eine hochintegrierte Lösung handelt, die sich nahtlos in die B&R-Engineering-Welt einfügt und auf den Automatisierer zugeschnitten ist.“
In weniger als vier Tagen zum Ziel
Dies schlug sich auch in der äußerst kurzen Umsetzungszeit nieder. Insgesamt benötigten die Experten bei B&R und Spilker weniger als vier Tage, bis die Vision-Funktionen für die Technikums-Anlage standen. Diese funktionierten auch gleich auf Anhieb beim ersten Einschalten der Anlage.
Aufgrund der guten Erfahrungen und der positiven Resonanz der Messebesucher steht für den Geschäftsführer aber schon fest, dass die Vision-Systeme von B&R zukünftig eine wichtige Rolle im Unternehmen spielen werden. „Gerade wenn konventionelle Sensoren beim Erkennen komplexerer Fehlerbilder oder dem Erfassen von Positionen an ihre Grenzen kommen, haben wir jetzt in Form des Smart Sensors eine optimale Lösung im Portfolio.“
Henrik Spilker Geschäftsführer, Spilker GmbH „Die Ankündigung von B&R, in die Bildverarbeitung einzusteigen, war ein absoluter Glücksfall für uns, da sich immer mehr Kunden aus der Druck-, Etiketten-, und Weiterverarbeitungsindustrie entsprechende Funktionen in ihren Produktionsanlagen wünschen. Ein Glücksfall auch, weil das B&R-Paket leistungsfähig und trotzdem für einen Einsteiger in die Bildverarbeitung geeignet ist und erschwinglich ist.“ |
Umfangreiche Vision-Funktionen
Die B&R-Software mapp Vision umfasst zahlreiche Bildverarbeitungsfunktionen. Diese sind in Software-Bausteine gekapselt, die der Applikationsingenieur lediglich konfigurieren muss. Die klassische Programmierarbeit entfällt.
- Code-Erkennung (Identifikation)
- mapp Vision beherrscht mehr als 40 unterschiedliche Code-Typen, darunter alle gängigen 1D- und 2D-Codes. Die Funktion ist selbstoptimierend und ermöglicht auch bei sehr hohen Taktraten zuverlässige Ergebnisse.
- Text-Erkennung (OCR)
- Die integrierte Schriftenerkennung arbeitet mit einem Deep-Learning-Algorithmus. Die OCR-Funktion ist daher sehr zuverlässig und ermöglicht hohe Leseraten auch bei schlechtem Druckbild.
- Flächen-Erkennung (Blob)
- Die Flächenerkennung bestimmt die Größe der ermittelten Fläche und die mikropixelgenaue Position des Schwerpunktes. Zudem liefert sie Informationen zur Ausrichtung und zum mittleren Grauwert.
- Objekt-Vergleich (Matching)
- Mit der Matching-Funktion werden Objekte, ihre Position und ihre Lage einfach erkannt. Neben dem kantenbasierenden Matching, steht auch eine korrelationsbasierende Variante zur Verfügung.
- Messen (Metrology)
- Mit Metrology stellt mapp Vision ein leistungsfähiges und hochgenaues Messinstrument zur Verfügung. Kanten entlang von Linien oder Kreissegmenten werden subpixelgenau gemessen.